Prima Facie - Dem Anschein nach

“Prima Facie” - Eine Glanzleistung

Stefanie Klimkait als Tess verkörpert diesen Wandel (Regie Axel Preuß) mit jeder Faser. Mal rhythmisch und intensiv bis jenseits der Schmerzgrenze. Dann wieder locker über scheinbare Nebensächlichkeiten parlierend, zwischen den hoch aufragenden Aktenschrankwänden stolzierend. Kühl, gerissen und überlegen als Anwältin. Auf der Pirsch, immer nah dran an der einen Lücke, der einen Ungereimtheit in der Geschichte, um die Fasson der Klägerin unglaubwürdig zu machen. Das ist ihr Job, das sind die Regeln des Gesetzes. Um Wahrheit geht es nicht; die möchte ein Anwalt nicht einmal hören. Vor Gericht immer in Robe. Klimkait voller Selbstbewusstsein. (…) Eine Glanzleistung von Stefanie Klimkait. An die 90 Seiten Text, allein auf der Bühne. Volle Konzentration, alle Augen auf ihr. Bühnenbild, Beleuchtung und Toneinspielungen geraten in den Hintergrund, 110 Minuten verfliegen im Nu. (…) „Weibliche Erfahrung passt in kein von Männern errichtetes Rechtssystem. Doch nicht das Gesetz wird hinterfragt, sondern die Opfer.“ Nur jede zehnte Vergewaltigung wird auch angezeigt. Nicht eingerechnet die Dunkelziffer. (…) „Prima Facie – dem Anschein nach“ wurde 2019 in Australien uraufgeführt, läuft derzeit an neun Bühnen allein in Deutschland. Suzie Miller arbeitete vor ihrer Autorinnenkarriere selbst als Strafverteidigerin. Sie weiß, worüber sie schreibt. Kennt den juristischen Apparat. Bringt mit der Vergewaltigung ein aktuelles juristisches wie gesellschaftliches Thema auf die Bühne. Ein Plädoyer auf der Bühne. Die MeToo-Debatte scheint mittlerweile leiser zu werden. Sexualisierte Gewalt hingegen ist zeitlos.

“Prima Facie” - Klimkait vollbringt ein kleines Wunder

Suzie Millers Justizdrama „Prima facie – Dem Anschein nach“ setzt ein Statement gegen sexuelle Gewalt. In der neuen Produktion der Schauspielbühnen Stuttgart, zu sehen im Theaterhaus, vollbringt Stefanie Klimkait in der Solo-Rolle der Strafverteidigerin Tessa ein kleines Wunder. (…) Sie füllt die bis auf Tisch und Stuhl leere Bühne, die eingerahmt ist von erdrückenden Akten-Regalen (Bühne und Kostüme: Tom Grasshof), von der ersten bis zur letzten Minute so intensiv, als agiere sie dort nicht ganz allein, sondern mit einem ganzen Ensemble. (…) Mittels geschickter Rückblenden – von Tessas Anzeige bis zur Gerichtsverhandlung werden 782 für sie quälende Tage vergehen – wird der Zuschauer nun vollends in ihr Fühlen, Denken und Handeln gezogen: Die unterschiedlichen Schauplätze mit nur dezenten Lichtwechseln und feinen Veränderungen in Kleidung oder Frisur angedeutet, spielt Klimkait die brutale Vergewaltigung in ihrer eigenen Wohnung, die Anzeige in Schockstarre auf der Polizeiwache, die schambesetzte forensische Untersuchung im Krankenhaus, die angstvolle Wiederbegegnung mit Julian am Kopierer der Kanzlei derart realistisch, dass man meint, Julian, der Polizist, die Ärztin im Krankenhaus, der Strafverteidiger, der Staatsanwalt – sie alle stünden als reale Figuren auf der Bühne. (…) Leider neigt der Mensch dazu, erst durch eigenen Schaden klug zu werden. Dem Gerichtsdrama „Prima Facie“ wünscht man indes – zumal in dieser ganz auf psychologische Wirkung ausgerichteten, stimmigen Inszenierung –, dass es wichtige gesellschaftspolitische Impulse setzen kann und den Opfern sexualisierter Gewalt zu mehr Gerechtigkeit verhilft – auch im Gerichtssaal.

“Prima Facie” - brennend aktuell

Stefanie Klimkait brilliert in dem Stück als Anwältin Tessa. Axel Preuß inszeniert Suzie Millers brennend aktuellen Metoo-Theatermonolog „Prima Facie“ über das Problem, ob sich eine Vergewaltigung vor Gericht stichhaltig beweisen lässt. (…) Tessa versteht Prozesse als „Spiel der Gesetze“, das die smarte Protagonistin in Suzie Millers international erfolgreichem, von Axel Preuß inszeniertem Theatermonolog „Prima Facie – Dem Anschein nach“ meisterhaft beherrscht. Bis Tessa eines Tages selbst als Zeugin vor Gericht erscheinen muss – als Opfer einer Vergewaltigung. (…) Auf der Bühne bewegt sich Stefanie Klimkait als Tessa in einem sachlich gehaltenen Raum zwischen mit weißen Aktenordnern meterhoch bestückten Regalen. Zwei Stühle und ein Tisch werden je nach Anordnung zu Tessas Büro oder Wohnung, aber auch zur Polizeiwache und zum Gerichtssaal. (…) Im Zusammenhang mit Suzie Millers erzählerisch dichtem Monolog erzeugen die geringen Mittel eine erstaunlich wirksame Bildlichkeit. (…) Dankenswert gelassen und unspektakulär wuchtet Stefanie Klimkait den immerhin 90-minütigen, in seinen emotionalen Facetten anspruchsvollen Monolog auf die Bretter und verhilft dem Text so zur besten Wirkung. Eine beruhigende Lösung hält „Prima Facie“ nicht parat und ist damit der grausamen Realität verpflichtet.