Seemannsgarn

Weihnachtswunder in der Hafenklause - “Seemannsgarn”

Mitreißendes Singspiel (…) Dass es gelingen kann, eine Weihnachtsabend-Geschichte als Singspiel zu geben, und das fast ausschließlich mit Seemannsliedern – das zeigt das Alte Schauspielhaus in der Aufführung von „Seemannsgarn“. Unter der Leitung von Autor, Regisseur und Choreograf Frank-Lorenz Engel. (…) Gesungen und an diversen Instrumenten gespielt vom Comedian-Harmonists-Ensemble, das (…) heute aufs Trefflichste ergänzt um die weiblichen Stimmen von Antje Rietz und den glockenklaren Sopran von Birgit Reutter, für große Begeisterung sorgt. Zum Niederknien schon das Bühnenbild von Beate Zoff. (…) Antje Rietz‘ „Enthüllungen einer Striptease-Tänzerin“ (nach dem Original von Hanne Wieder) gelingen ihr so gut wie ihre Einsätze an der Trompete. Fast auf die gleiche Tonhöhe schwingt sich virtuos der erste Tenor Tobias Rusnak alias Schiffskoch Thorsten. Der „Wellerman“ gebiert sich hier als mitreißend perkussive Schnapsglas-Choreografie. (…) Bei so viel „Seemannsgarn“ bebt der ganze Saal, mal ergriffen vor Rührung, mal enthusiasmiert vom Schwung der wunderbaren acht Stimmen. Betörend französisch und mit extra viel Schmelz versucht Marcel die Kneipentochter zu bezirzen (Loïc Damien Schlentz: zweiter Tenor) (…), gibt der spontan Verliebte Charles Trenets „La mer“, auf dass die Herzen bis in die letzte Reihe dahinfließen. Stammgast und Langfinger Lenny dagegen bekennt nicht weniger überzeugend mit Michael Jacksons Gangster-Hymne: „I’m bad.“ Einziges Instrument dabei: eine Bassgitarre für die Baseline. Nicht dass Bassist Tobias Hagge darauf angewiesen wäre. Mit viel Charme und drolligem Hüftschwung schwingt der sich als Schiffsmechaniker Paul in „Tage wie diese“. Gemeinsam mit Campino möchte man den Moment festhalten, wünscht sich Unendlichkeit – Weihnachten in Sicht.

Großes Vergnügen - “Seemannsgarn”

Bei der Uraufführung des Lieder-Potpourris „Seemansgarn“ im Alten Schauspielhaus in Stuttgart trifft das Comedian-Harmonists-Ensemble (musikalische Leitung und Arrangements: Florian Fries am Piano) souverän jeden Ton. (…) die Bühne (Ausstattung: Beate Zoff) zeigt eine liebevoll-naturalistische Hamburger Hafenkneipe mit Schiffsmodellen, „Seestücken“ und Freddy-Quinn-Plattenhüllen an der Wand. (…) „La mer“ – was für ein traumhaft samtiges Chanson! „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“ ist dagegen handfester. Der charakteristische Comedian-Harmonists-Sound mit dem betörenden Falsett erklingt bei dem wunderbar zarten Lied „Ein bisschen Leichtsinn kann nicht schaden“. Doch dies ist kein Comedian-Harmonists-Abend, wenngleich der typische Summton immer wieder anklingt. Ansonsten musizieren die beiden Damen und die sechs Herren einfach höchst professionell, bisweilen mit sechs Instrumenten, und treffen bei jedem Song souverän und amüsant den richtigen Ton. Frank-Lorenz Engel (Buch, Regie und Choreografie) hat den Liedreigen mit Sprechtexten verknüpft, die eine Liebes- und Familienzusammenführungs-Schmonzette bilden. (…) Auf der Bühne ist viel Bewegung, man singt nicht nur, sondern tanzt auch ganz locker und leicht. (…) Zu erleben ist ein gekonnt arrangierter musikalischer Abend, dem man sich mit wohligem Vergnügen hingeben kann. Das Publikum dankt mit viel Beifall im Stehen.

Mitreißend - “Seemannsgarn”

Die Songs reißen allesamt mit, etwa „Ich werde mich an den Jonny schon gewöhnen“, mit schönem Sopran dargeboten von Birgit Reutter. „Penny Lane“ von den Beatles auf „Reeperbahn“ umgemünzt (das sind auch drei Silben) klingt klasse. Und wie erfrischend ist es, wenn Lénárd Kókai den Ohrwurm „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ mit hoher Stimmlage singt und man das Gedröhne von Hans Albers sofort vergisst. Schön ist auch eine zeitgenössisch inspirierte Textabweichung: Statt „Ob du’n Mädel hast oder ob kein’s“ erklingt: „Ob du’n Mädel hast oder Karl-Heinz“. Michael Rapkes Michael-Jackson-Persiflage mit „Bad“ ist ein Knaller. Herausragend agiert Antje Rietz als Wirtin der „Hafenklause“. Das Couplet „Enthüllungen einer Striptease-Tänzerin“ von Günter Neumann hat einen geradezu Brechtschen Tonfall. Rietz (die übrigens auch Trompete spielt) singt den lakonischen Text ganz wunderbar mit ihrer klaren, schön nüchternen Stimme.