Arsen und Spitzenhäubchen

Ein Mordsvergnügen

Manche haben auch zölf Leichen im Keller. (…) Regisseur Robin Telfer setzte am Alten Schauspielhaus unter anderem bereits „Monsieur Claude“ und „Drei Männer im Schnee“ sehr erfolgreich in Szene. Mit „Arsen und Spitzenhäubchen“ gelingt ihm nun erneut ein Geniestreich. (…) Zunächst einmal ist das Stück formidabel besetzt: Annette Mayer alias Abby und Bettina Franke alias Martha glänzen als entzückend liebenswerte Damen, die nichts von ihrer, nun ja, ungewöhnlichen Aufgabe abbringt. Andreas Klaue spielt mit viel Verve („Attacke!“) den geistig verwirrten Neffen Teddy, der sich für General Roosevelt hält und im Keller den „Panama-Kanal“ ausgräbt, wo er die vorgeblichen „Gelbfieber-Leichen“ verschwinden lässt. Ein besonderes Ausrufezeichen gebührt Jörg Paulys Darstellung des Neffen und Theaterkritikers Mortimer, der dem mordsmäßigen Treiben seiner Tanten auf die Schliche kommt: Überragend authentisch mimt er Coolness, Ahnungslosigkeit, Ungläubigkeit, Genervtheit, wachsende Verzweiflung und totale Resignation. Nicht viel nach steht ihm Marius Hubel als schrullig-piepsiger Dr. Einstein, der Mortimers Bruder Jonathan (Dirk Waanders) begleitet, einen Frankenstein-liken Serienmörder. Ebenfalls köstlich sind Gideon Rapp als (unter anderem) nervtötender Polizist mit Bühnenautor-Allüren und Christian Werner, der „die Toten“ so gut spielt, dass man sie fast für lebensgroße Puppen hält. (…) Für viel Gelächter sorgen auch Wortspiele wie der Name der allerersten Leiche Dr. Hoskins, die vom überforderten Mortimer wahlweise in „Hotspot“, „Hop Sing“ (so hieß der chinesische Hausangestellte in der Serie „Bonanza“) oder „Hotpants“ umgetauft wird. Nicht zuletzt sind auch die Kostüme im Stil der 40er Jahre sowie die Bühne (beides Siegfried E. Mayer) mit imposanter Treppe und viktorianisch-üppigem Deko-Stil gelungen: So ermöglichen die bunten Fenster raffinierte Beleuchtungseffekte, was die Spannung bei den diversen „Leichentransporten“ erhöht. „Arsen und Spitzenhäubchen“ bietet im Alten Schauspielhaus rabenschwarze, dabei nie überzeichnete Komik vom Feinsten: ein Mordsvergnügen.

Entzückender morden

Was sind das doch für nette alte Damen! Abby und Martha Brewster schwirren so herzig umher in ihrem schönen, altmodischen Haus. (…) Hier sitzt das Herz am rechten Fleck. Oder etwa nicht? (…) Jede Rolle ist in Robin Telfers Inszenierung vorzüglich besetzt, mit Schauspielern, die das haarsträubende Familienportrait gestalten, ganz im Stil des alten Hollywood. (…) “Arsen und Spitzenhäubchen” ist ein Stück, das hilft, nicht nur Mord und Totschlag, sondern auch andere Familiengeheimnisse auf die leichte Schulter zu nehmen. (…) Zur Weihnachtszeit, wenn aller Orten andere Verwandtschaft sich versammelt, ist manch einer, manch eine vielleicht wirklich froh, dass es auf dem Theater noch seltsamere Familien gibt. Und sollte dies nicht der Fall sei, dann fühlt er oder sie sich gewiss weniger alleine.

Mörderische Balance

“Arsen und Spitzenhäubchen”: Abby und Martha morden erstmals im Alten Schauspielhaus in Stuttgart. Eine Leiche im Keller haben - diese übertragen gemeinte Redewendung wird wahr in Joseph Kesselrings Krimikomödie “Arsen und Spitzenhäubchen”, noch bis zum 27. Januar zu sehen unter Robin Telfers Leitung im Alten Schauspielhaus in Stuttgart. Allerdings haben die beiden entzückenden alten Damen hier nicht nur eine Leiche im Keller, sondern gleich ein ganzes Dutzend. (…) Einzig der Neffe Mortimer (…) hat seine liebe Mühe, die eine oder andere Leiche zu vertuschen. Auf der detailreich ausgestatteten Bühne von Siegfried E. Mayer füllt Publikumsliebing Jörg Pauly diese Rolle aus. Annette Mayer und Bettina Franke geben die mörderisch reizenden Tanten. Andreas Klaue rast klapsenreifer Teddy die Treppe hinauf und hinab, dass man ihm den Präsidenten fast abnimmt.

Vortreffliches Amüsement

„Arsen und Spitzenhäubchen“ im Alten Schauspielhaus überzeugt mit mörderischen Irrwitzigkeiten einer übertrieben netten Verbrecherfamilie in gekonnter Umsetzung. (…) Dazu kichern die Zuschauer wohlig oder lachen lauthals. (…) „Arsen und Spitzenhäubchen“ von Joseph Kesselring, der Klassiker unter den schwarzen Komödien, spielt im New York der 1940er Jahre, wurde 1941 uraufgeführt und 1944 mit Cary Grant in der männlichen Hauptrolle verfilmt. (…) Siegfried E. Mayer (Ausstattung) hat den Ort solcher Monströsitäten einleuchtend eher gemütlich als spooky gestaltet. Man schaut in ein viktorianisches Zimmer in dem die Schwestern mit Rüschenärmeln und ondulierten Frisuren agieren. Franke und Mayer spielen die unerhörten Mörderinnen ganz wunderbar mit boshafter Nettigkeit. Sie haben drei Neffen, den das Theater hassenden Theaterkritiker Mortimer (Jörg Pauly), den psychisch kranken Teddy (Andreas Klaue), der die Leichen in den Keller schafft, und Jonathan (Dirk Waanders). Letzterer, ein Schwerkrimineller, stiefelt bedrohlich als eine Art Frankensteins Monster über die Bühne. Sein Kumpel, der Arzt Dr. Einstein (Marius Hubel), hat ihm per Operation ein neues Gesicht verpasst, das Jonathan aber nicht mehr haben möchte, da in ihm jedermann Frankensteins Monster zu erkennen glaubt. Die Inszenierung läuft rund und amüsiert vortrefflich. Wie ein Uhrwerk im besten Sinne läuft die Inszenierung von Robin Telfer ab. Gespielt wird mit alltagsnaher Normalität, als wäre nicht alles unglaublich seltsam und gruselig. Die Darsteller überdrehen nie, und das ist gut so. (…) In in diesem Stück ist alles so irrwitzig, dass über schaurige Geheimnisse nur noch gegickst, gekichert und heftig gelacht werden kann.